1. DIE VORBEREITUNG
Lernen Sie das Verfahren einer Zwangsversteigerung kennen, bevor Sie selbst aktiv mitbieten.
Am besten ist es, Sie nehmen als Zuschauer an mehreren Versteigerungsterminen verschiedener
Immobilien teil. So erhalten Sie einen guten Einblick in das Prozedere.
2. DIE VERSTEIGERUNGSAKTE
Haben Sie eine passende Immobilie gefunden, sollten Sie über das Objekt so viele Informationen wie
möglich sammeln. Schauen Sie sich insbesondere die Versteigerungsakte mit dem Wertgutachten an.
Die Versteigerungsakte können Sie beim zuständigen Bezirksgericht einsehen. Darin sind unter anderem
Auszüge aus dem Grundbuch, das Wertgutachten der Immobilie, u.U. ein Auszug aus dem Baulastenverzeichnis
und die Forderungsanmeldung gesammelt. Das Wertgutachten wird von einem vom Gericht bestellten
Sachverständigen erstellt und enthält in der Regel Angaben zum Bauzustand und der Vermietungssituation,
zur Lage und den Anschlüssen an öffentliche Versorgungsnetze. Es informiert über die laufenden Kosten,
eventuell auch über Sondernutzungsrechte und den Verkehrswert. Oft enthalten diese auch Bilder des
Objektes. Wertgutachten können Sie beim zuständigen Bezirksgericht einsehen.
Teilweise verschicken auch die Bezirksgerichte selbst diese Wertgutachten. Achten Sie bitte darauf, wenn Sie
das Wertgutachten lesen, ob der Gutachter das Objekt von innen besichtigen konnte!
3. DIE BESICHTIGUNG
Ein Interessent hat die Möglichkeit, vor der Versteigerung die Immobilie (Wohnung, Haus etc) zu besichtigen.
Die verpflichtete Partei und allfällige Mieter haben die Besichtigung grundsätzlich zu dulden. Zum Zweck
der Terminkoordination wird ein Besichtigungstermin vom Bezirksgericht festgesetzt; bei diesem Termin ist
weder ein Gerichtsvollzieher noch ein Schlosser anwesend (Ausnahmen werden bekanntgemacht). Wenn der
gerichtlich festgesetzte Besichtigungstermin erfolglos bleibt, kann bei Gericht (schriftlich oder zu Protokoll)
ein Antrag auf Durchführung eines Besichtigungstermins unter Beiziehung eines Schlossers gestellt werden.
Ein Antrag muss mindestens zwei Wochen vor der Versteigerung erfolgen.
4. VADIUM // SICHERHEITSLEISTUNG
Das Vadium ist eine Sicherheitsleistung, die in Form eines Sparbuches erlegen werden muss. Dabei muss sich
um eine echte Spar-Urkunde handeln, ein sogenanntes „Online-Sparbuch“ entspricht dem nicht; ebenso sind
Bargeld, Scheck odgl nicht zulässig. Bis zu einem Betrag von 15.000 Euro kann man ein bloßes Sparbuch mit
Losungswort erlegen, über 15.000 Euro ist ein Namenssparbuch nötig. Das Sparbuch muss auf den Ersteher
legitimiert sein. Es ist aber auch möglich, statt eines Namenssparbuchs mehrere (bloße Losungswort-)
Sparbücher mit einer Einlage unter 15.000 Euro zu erlegen. Die Höhe des Vadiums beträgt 10% des Schätzwertes
und wird mit dem Edikt bekanntgemacht. Auf dem Sparbuch darf auch ein Mehrbetrag erliegen.
5. DIE FINANZIERUNG
Die Finanzierung Ihrer ersteigerten Immobilie sollten Sie im Vorfeld bereits geregelt haben.
Denn schon 6 bis 8 Wochen nach dem Versteigerungstermin ist die Zahlung des von Ihnen gebotenen
Betrags an das Gericht fällig, abzüglich des im Vorfeld gezahlten Vadiums. Weitere Hinweise hierzu
erhalten Sie mit dem Zuschlagsbeschluss.
Wie jeder Immobilienkäufer sind Sie zur Zahlung der Grunderwerbssteuer verpflichtet. Der Betrag errechnet
sich aus dem jeweiligen Gebot und den Rechten, die weiterhin bestehen. Notargebühren fallen bei
Zwangsversteigerungen nicht an, allerdings erhebt das Bezirksgericht eine Zuschlagsgebühr. Sie orientiert
sich an der Höhe des Gebots. Des Weiteren entstehen die üblichen Eintragungskosten beim Grundbuchamt
durch die Umschreibung des Eigentums sowie ggf. für die Finanzierung einzutragender Grundpfandrechte
6. DIE DOKUMENTE
Jeder Bieter muss einen gültigen amtlichen Lichtbildausweis und Staatsbürgerschaftsnachweis vorweisen.
Vertreter einer juristischen Person müssen zusätzlich einen aktuellen Firmenbuchauszug vorweisen. Ein
Vertreter eines Bieters muss eine öffentlich beglaubigte Spezialvollmacht vorlegen.
7. DEN TERMIN PRÜFEN
Da es kurzfristig zu Terminänderungen oder Aufhebungen kommen kann, sollten Sie sich wenige Tage vor der
Versteigerung den Termin vom Bezirksgericht bestätigen lassen.
8. DER BEKANNTMACHUNGSTEIL
Leiter des Verfahrens von der Antragstellung bis zur Verteilung der Erlöse ist der Richter. Er eröffnet
den Termin, indem er die wichtigsten Daten der Immobilie sowie den Schätzwert nennt. Das Schätzgutachten
und ein aktueller Grundbuchsauszug liegen zur Einsicht auf. Es werden die Erklärungen betreffend die Lasten
auf der Liegenschaft verlesen und erörtert. Weiters wird auf die Vadiumsverpflichtung hingewiesen. Mit
der Aufforderung zur Abgabe der Gebote endet der Bekanntmachungsteil.
9. DIE BIETSTUNDE
Im Anschluss an die Bekanntmachungen folgt die Bietstunde. Die Bietzeit beträgt mindestens 30 Minuten.
Sie wird verlängert, wenn weitere Gebote abgegeben werden. Während der Bietzeit haben Sie die Möglichkeit,
Fragen zum Objekt zu stellen. Gebote werden mündlich abgegeben. Haben Sie ein Gebot abgegeben, verlangt
der Richter Ihren Personalausweis oder Ihre Vollmachtsurkunde zur Identitätsprüfung. Bedenken Sie:
Abgegebene Gebote können nicht wieder zurück genommen werden! Sobald der Richter das letzte Gebot dreimal
wiederholt hat und keine weiteren Gebote abgegeben werden, ist die Bietzeit beendet.
10. DIE ZUSCHLAGSVERHANDLUNG
Nach Ablauf der Bietzeit wird der Zuschlag in der Regel verkündet. Mit Verkündung des Zuschlags geht das
Eigentum - mit allen Rechten und Pflichten - sofort auf den Ersteher über, eine notarielle Beurkundung
und die Grundbucheintragung sind hierfür nicht erforderlich. Der bisherige Eigentümer verliert mit dem
Eigentumswechsel (Zuschlag) das Recht zum Besitz und kann mittels einer vollstreckbaren Ausfertigung des
Zuschlagsbeschlusses geräumt werden.
In eventuell bestehende Mietverhältnisse treten Sie ein. Wenn Sie einen Kündigungsgrund haben (z.B.
begründeten Eigenbedarf), können Sie ein sogenanntes Ausnahmekündigungsrecht geltend machen und die
Mietverträge zum ersten gesetzlich zulässigen Termin kündigen. Allerdings ist die Rechtslage zu diesem
Thema sehr komplex, so dass Sie gegebenenfalls anwaltliche Beratung in Anspruch nehmen sollten.
11. ÜBERNAHME VON BELASTUNGEN
Der Ersteht erwirbt die Liegenschaft in der Regel lastenfrei. Das heißt, der Ersteher kann beantragen,
dass nach Verteilung des Meistbotes sämtliche Pfandrechte gelöscht werden.